Fall 1
Eine Unternehmerin ist verheiratet, das Ehepaar hat zwei Kinder, ein Kind soll das Unternehmen übernehmen. Sie wohnen in einem schönen, bereits abbezahlten Einfamilienhaus, das beiden gehört. Das Ehepaar besitzt zwei vermietete Eigentumswohnungen, die Ehefrau hält ein Wertpapierdepot, das aktuell einen Wert von 1 Mio. EUR hat.
Sind Sie verheiratet und haben Kinder, sieht das Gesetz vor, dass Ihr Ehegatte und (!) Ihre Kinder Sie beerben. Ihr Unternehmen wird, wenn Sie nicht gegensteuern, Miteigentum aller Erben. Das kann zu problematischen Ergebnissen führen – etwa, wenn ein Kind noch minderjährig ist, oder aber – wie im Beispielsfall – wenn eines der Kinder die Firma übernehmen soll, sich dann aber, weil nichts geregelt wurde, mit den anderen Miterben auseinandersetzen muss. In vielen Fällen droht die Zerschlagung des langjährig aufgebauten Familienunternehmens. Hier kann auch schnell die für Unternehmensvermögen vom Fiskus gewährte Entlastung von der Erbschaftsteuer komplett oder teilweise verlorengehen.
Würde die Unternehmerin also keine Regelung für ihren Todesfall treffen, würde sie von ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern beerbt. Die Firma würde Eigentum aller Erben und das Kind kann sie nur dann übernehmen, wenn die beiden anderen Erben damit einverstanden sind. Häufig kommt es zu Streit in der Familie, weil man sich uneinig hinsichtlich Ausgleichszahlungen ist oder das Kind, welches die Firma fortführen soll, kein Geld hat, um die anderen Erben auszugleichen. Und es kommt noch schlimmer: Wird die Firma, weil die Beteiligten sich nicht einigen können, verkauft oder geschlossen, gehen auch die für die Unternehmensnachfolge vorgesehenen Vergünstigungen bei der Erbschaftsteuer verloren. Dann „erbt“ das Finanzamt besonders kräftig mit!
Haben Sie keine Kinder, ist es noch wichtiger, die eigene Nachfolge zu regeln: Hier erbt nicht, wie vielfach angenommen wird, Ihr Ehegatte allein, sondern er muss sich den Nachlass mit seinen Schwiegereltern, und wenn diese nicht mehr leben, mit der Schwägerin, dem Schwager oder deren Kindern teilen. Das hat eine komplexe Erbauseinandersetzung zur Folge.
Hätte im Beispielsfall die Unternehmerin keine Kinder, würden neben ihrem Ehemann auch noch etwaige Geschwister gesetzliche Erben und unter anderem Mitinhaber der Firma und des Einfamilienhauses werden – keine angenehme Vorstellung für den Ehemann, sein Heim zukünftig mit seiner Schwägerin teilen oder sie auszahlen zu müssen. Um dies zu vermeiden könnte die Unternehmerin durch ein Testament regeln, wer welches Vermögen erben soll.
Machen Sie sich deshalb, unabhängig davon, ob Sie Kinder haben oder nicht, möglichst frühzeitig Gedanken über Ihre Nachfolge und regeln Sie diese auch. Also: Verfassen Sie ein Testament oder setzen Sie gegebenenfalls einen Erbvertrag mit den Beteiligten auf, wenn das sinnvoller ist.
In einem Testament oder Erbvertrag bestimmen dann Sie und nicht der Gesetzgeber, wer was bekommen soll. So können Sie darin frei entscheiden, wer beispielsweise Ihre Firma fortführen soll, wer das Kapitalvermögen und wer zukünftig Ihren Anteil am Familienheim erhalten soll. Sie können durch eine rechtzeitige Vermögensnachfolgeplanung die erbschaftsteuerlichen Freibeträge (z.B. hat jedes Kind alle 10 Jahre einen Freibetrag von 400.000 EUR von jedem Elternteil) gezielt nutzen, in vielen Fällen ist es sinnvoll, bereits zu Lebzeiten „mit der warmen Hand“ Vermögen zu übertragen, hierdurch können in vielen Fällen erhebliche Erbschaftsteuern eingespart werden.
Fall 2
Ein Firmeninhaber verfügt über Vermögensgegenstände von 5 Mio. EUR, darunter eine schon lange im privaten Bestand befindliche und steuerlich voll abgeschriebene Immobilie mit einem Wert von 600.000 €, die Ehefrau hat kein nennenswertes Vermögen, das Ehepaar hat zwei Kinder.
Möglich wäre hier der Verkauf der Immobilie innerhalb der Familie, um neues Abschreibungspotential bei dem Erwerber zu erreichen, der Verkauf ist für den Ehemann steuerfrei, da sich die Immobilie über 10 Jahre im Bestand befindet.
Eine andere Variante wäre, die Schenkung der Immobilie oder von anderen Vermögensgegenständen an die Kinder, unter Ausnutzung der Freibeträge (Freibetrag pro Elternteil 400.000 EUR) oder den Ehepartner (Freibetrag 500.000 EUR). Diese Freibeträge stehen zudem alle 10 Jahre erneut zur Verfügung.
Die unentgeltliche Vermögensübertragung kann zudem unter Auflage erfolgen, d.h. der Empfänger ist zu einer bestimmten Verwendung verpflichtet. Es kann etwa geregelt werden, dass das Kind die eigene volle, uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die geschenkten Geldbeträge erhält, soweit diese nicht bereits zur Finanzierung der Berufsausbildung verwendet wurden, wenn eine Berufsausbildung abgeschlossen und danach zwei Jahre eine Berufstätigkeit ausgeübt und das 28. Lebensjahr vollendet wurde, spätestens mit der Vollendung des 35. Lebensjahres. Dies kann zudem über eine auflösende Bedingung abgesichert werden. Die auflösende Bedingung wirkt automatisch, wenn die Bedingung nicht eintreten sollte. Bei Bedingungseintritt fällt der geschenkte Gegenstand ohne Weiteres an den Schenker zurück. Weiterhin kommt ein vertraglicher Widerrufsvorbehalt in Betracht. Damit kann sich der Schenker absichern.
Durch diese Gestaltungen wird erreicht, dass durch die zielgerichtete Ausnutzung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge die Vermögensübertragung des Vaters auf seine Kinder und die Ehefrau komplett steuerfrei erfolgen kann. Dies kann etwa auch vor dem Hintergrund der Überlegung erfolgen, dass während Ausbildung und Studium an die Kinder ohnehin Unterhalt zu zahlen wäre und demzufolge eine unentgeltliche größere Vermögensübertragung zur Freibetragsnutzung sinnvoll sein kann. Auch könnte durch eine Übertragung einer vermieten Immobilie erreicht werden, dass den Kindern statt des ohnehin zu zahlenden Unterhalts während eines Studiums die Mieteinnahmen zufließen, daraus ergibt sich in vielen Fällen auch ein einkommensteuerlicher Vorteil, da die Kinder meist keine weiteren nennenswerten Einkünfte haben und die Mieteinkünfte keine Einkommensteuer auslösen, wenn sie unter dem Grundfreibetrag liegen oder zumindest mit einem deutlich geringeren Steuersatz, als es zumeist bei den gut verdienenden Eltern der Fall ist.
Und ohne diese Überlegungen?
Ohne Planung der Vermögensnachfolge würde bei Überschreitung der Freibeträge mitunter eine erhebliche Erbschaftsteuer anfallen. Ohne Testament würde die Ehefrau im Todesfall von dem Ehemann 2,5 Mio. EUR erben, beide Kinder jeweils 1,25 Mio. EUR. Das führt zu einer erheblichen Erbschaftsteuerbelastung von 19 % in der Familie, unterstellt die regulären Freibeträge kommen zum Ansatz mithin 703.000 EUR – dieses Geld wird der Familie entzogen, was durch eine gezielte und rechtzeitige Planung hätte vermieden werden können.