Es gibt KFO-Praxen, die durch konsequentes Kostenmanagement das einmal erreichte Ertragsniveau steigern, ohne die Zahl der laufenden Fälle erhöhen zu müssen. Andere versuchen bei unveränderter Personal- und Raumstruktur mehr Patienten zu behandeln, indem sie vermehrt Aligner statt bearbeitungsintensivere Bracket-Behandlungen einsetzen. Schließlich gibt es KFO-Praxen, die versuchen über Personalausbau, Erweiterungsinvestitionen oder den Aufbau neuer Standorte mehr laufende Fälle behandeln zu können und damit ihren Praxisgewinn weiter zu steigern. Welches Vorgehen ist zur Ertragssteigerung nun erstrebenswert? Der folgende Beitrag beleuchtet Chancen und Risiken dieser Alternativen.
Die KFO-Praxis von Dr. Dent hat ein Niveau an laufenden Fällen erreicht, das die Praxis opti-mal auslastet. Mit konsequentem Kostenmanagement und gut strukturierten Behandlungsab-läufen sichert er sich gute Erträge. Er verzichtet auf teure Erweiterungsinvestitionen und spart sich auch die Kosten für eine aktive Patientenneugewinnung. Denn er wollte ja nur seine Patientenzahl halten und war mit dem Gewinn zufrieden!
Diese Strategie ging lange Zeit sehr gut. Nun fehlen aber Dr. Dent zunehmend Empfehler. Denn einige Empfehler haben altersbedingt die Praxis abgegeben. Die Übernehmer dieser Praxen und neue Empfehler landen jetzt bei einer jungen Kollegin, die sich in der Nähe nie-dergelassen hat. Kurz: Es fehlt ihm jetzt an Patienten bzw. neuen Fällen. Da Dr. Dent keine aktive Patientenneugewinnung betrieben hat, mangelt es nun an Ideen und Instrumenten, um dem nachlassenden Patientenzulauf entgegenzutreten.
So etwas passiert kostenoptimierten KFO-Praxen immer wieder – besonders, wenn die Inha-ber schon lange praktizieren. Für sie besteht die Gefahr, dass bei einst wirtschaftlich stabilen Praxen die Erträge rasch wegbrechen.
Kostenminimierung und Ablaufoptimierung sind erfolgreiche Strategien für eine KFO-Praxis. Vorausgesetzt die Außenwirkung der Praxis und das Marketing werden nicht vernachlässigt und Kontakte zu (potenziellen) Empfehlern gepflegt.
Eine Kollegin von Dr. Dent, wir nennen sie Dr. Kiefer, sucht wie Dr. Dent Ertragssteigerungen durch Optimierung, in dem sie Abläufe verschlankt und ganz auf die Bedürfnisse der Patienten abstellt. Sie ist voll ausgelastet und ihr Team arbeitet gut zusammen. Deshalb möchte sie auf keinen Fall weitere Mitarbeitende oder eine Kieferorthopädin einstellen – also die erfolgreiche Struktur verändern. Das begrenzt ihre Kapazität. Sie achtet strikt darauf, nicht mehr als 530 Patienten in laufender Behandlung zu haben (vgl. Abb. 1).
Patienten fragen zunehmend auch bei ihr nach Aligner-Behandlungen. Bei Behandlungen mit Invisalign stellte sie fest, dass sie sich zwar persönlich beim sog. ClinCheck sehr mit der konkreten Behandlung beschäftigen muss, um den gewünschten Behandlungserfolg zu erreichen. Aber Patienten, die mit Invisalign behandelt werden, belasten ansonsten die Praxis und die Mitarbeitenden wesentlich geringer als traditionelle Behandlungen mit Brackets.
Sie hat festgestellt, dass für Invisalign-Behandlungen nur halb so viel Arbeitszeit von Praxismitarbeitenden anfällt wie bei konventionellen Behandlungen. Wenn also eine konventionelle Behandlung wegfallen würde, kann sie dafür zwei Invisalign-Behandlungen durchführen. Deshalb hat sie die Struktur der laufenden Fälle umgestellt. Sie behandelt jetzt knapp 600 Patienten: ca. 450 konventionell und ca. 140 mit Invisalign. Und die Praxis ist – wie bisher – voll ausgelastet, aber nicht überlastet. Die höhere Zahl der behandelten Patienten ermöglicht trotz hoher Invisalign-Kosten ein deutlich höheres Praxisergebnis.
Ganz anders führt der Kieferorthopäde – wir nennen ihn hier Dr. Ortho – seine Praxis. Er setzt auf Wachstum durch neue Mitarbeitende, neue Technik oder weitere Standorte. Um höhere Patientenzahlen zu erreichen, investiert er in umfangreiches Marketing.
Eine solche Wachstumsstrategie bindet zunächst einmal viel Geld. Sie birgt das Risiko, dass trotz gesteigerter laufender Fälle und Praxiseinnahmen die Erträge dennoch stagnieren oder sogar zurückgehen. Ist sie aber erfolgreich, führt sie zu weit überdurchschnittlichen Gewinnen.
Soll eine expansive Strategie erfolgreich sein, muss vorher analysiert werden, wie viele zusätzlich laufende Fälle oder Einnahmen erforderlich sind, damit sich die getätigten Investitionen und Erweiterungen auch lohnen. Entscheidend ist, dass Dr. Ortho nach selbstkritischer Analyse zu dem Ergebnis kommt, dass seine Praxis die Einnahmen tatsächlich erreicht, er die dafür notwendigen zusätzlichen Mitarbeitenden findet und das im Umfeld vorhandene Patientenpotenzial auch aktiviert werden kann.
Nur, wenn die zusätzlichen Einnahmen höher sind als die durch das Wachstum verursachten Mehrkosten, ist diese Strategie für Dr. Ortho wirtschaftlich sinnvoll. Die zunehmende Größe erwirkte Skalierungseffekte. Geräte wie das DVT oder das Labor werden höher ausgelastet. Material kann bei den höheren Mengen günstiger eingekauft werden.
Nach und nach entwickelte sich seine KFO-Praxis immer mehr zu einem stark wachsenden Unternehmen. Für Aufgaben, die Dr. Ortho anfangs selbst miterledigt hatte, hat er heute spe-zielle Fachkräfte oder sogar Abteilungen, z. B. eine Recruiterin, um neue Mitarbeitende zu finden und einzustellen.
Um den Außenauftritt von der Website über Patientenveranstaltungen, Fortbildungen für empfehlende Kollegen, Fachbeiträge und Newsletter kümmert sich das Marketing zusammen mit einer Agentur. Die Praxismanagerin mit ihrem Team erledigt die Honorarabrechnungen, Bestellungen, Rechnungsprüfungen, Mahnwesen und die Vorbereitung der Buchhaltung und des Zahlungsverkehrs. Es liegt nahe, dass in einer so großen Praxis schnell Ecken entstehen, in denen zielgerichtetes und wirtschaftliches Arbeiten nicht mehr sinnvoll erfolgt.
Der Gewinn von Dr. Ortho war in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Aber seit 2024 sinken seine Gewinne leicht – trotz höherer Praxiseinnahmen. Blieben ihm anfangs von seinen Praxiseinnahmen noch 40 % als Gewinn, so waren es in den letzten Jahren nur noch 9 % bis 14 %. Besonders steigende Gehälter haben seine „Marge“ reduziert.
Der besonderen Anforderungen seiner Strategie ist sich Dr. Ortho bewusst. Daher versucht er den Personalaufwand zeitgemäß durch gestraffte Prozesse und durch zunehmende Digitalisierung zu vermindern.
Er empfindet dabei seine Strategie als bestätigt, da sich bei ihm immer wieder Investoren melden, die hohe Preise für einen Praxisverkauf anbieten. In letzter Zeit waren es nicht mehr so viele wie vor zwei bis drei Jahren, aber er möchte auch gar nicht verkaufen, sondern die Praxis weiter betreiben. Aber: Einen freiberuflichen Nachfolger zu finden, wird schwierig. Ein junger Zahnarzt oder eine junge Zahnärztin bekommen wohl kaum einen angemessenen Kaufpreis finanziert. Außerdem sind sie vielleicht damit überfordert, ein solch komplexes Konstrukt überhaupt zu führen.
Zusätzliche Mitarbeitende sind heute auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht zu finden. Aber für großes Wachstum sind weitere Mitarbeitende und Behandelnde notwendig. Wenn man sie findet, liegen häufig die Gehaltsvorstellungen über dem Gehaltsniveau des Stammpersonals. Neue Mitarbeitende erhöhen also nicht nur die Personalkosten durch die Mehrkosten der Neueinstellung, sondern erfordern häufig Gehaltsanpassungen des bisherigen Personals. Darüber hinaus gehen Neueinstellungen auch oft mit einer räumlichen und strukturellen Erweiterung der Praxis einher. Personelle Erweiterungen erhöhen also die monatlichen Fixkosten bei Dr. Dent. Dies lohnt sich nur, wenn zusätzliche Patienten behandelt werden können.
Mit den angestrebten zusätzlichen Patienten erhöhen sich auch die variablen Kosten. Dieser Ausbau macht nur Sinn, wenn die zusätzlichen Honorare die zusätzlichen Personalkosten und variable Kosten übersteigen. Und je mehr Mitarbeitende die Praxis beschäftigt, umso schwieriger wird es für Dr. Dent den Überblick über die Leistungen seines Teams zu behalten.
Viele Praxen klagen, dass ein Teil ihrer Mitarbeitenden nicht mehr bereit sind so intensiv und lange zu arbeiten, wie dies noch vor einigen Jahren selbstverständlich war. D. h., die Produktivität der Mitarbeitenden steigt in vielen Praxen nicht so schnell wie deren Gehälter.
Frau Dr. Spange, eine Kieferorthopädin aus dem Großraum München, fand hier einen eigen-willigen, aber guten Lösungsansatz. Bei einem Strategiewochenende mit ihren Mitarbeitenden sagte sie: „Ihr seid doch mindestens so gut wie der Durchschnitt. Wenn ihr besser arbeitet als der Durchschnitt, möchte ich euch am Erfolg beteiligen. Eine durchschnittliche KFO-Praxis unserer Struktur gibt 27 % der Praxiseinnahmen für Personalkosten aus. Wenn wir gemeinsam so hohe Praxiseinnahmen erzielen, dass wir weniger als 27 % Personalkosten haben, zahle ich euch eine Prämie in Höhe der Differenz.
D. h., Dr. Spange zahlte auf alle abgerechneten Leistungen, die die blaue Linie in Abb. 3 übersteigen, 22 % an die Mitarbeitenden. Dieser Zusatzverdienst war in einigen Quartalen erheblich. Deshalb achteten die Mitarbeitenden darauf, dass sie selbst – aber auch ihre Kolleginnen, möglichst produktiv arbeiteten, dass die Behandlungszeit optimal genutzt wird.
Beispiel:
Abb. 3: Hier gab es eine Prämie
Quelle: PraxisNavigation®, Prof. Dr. Bischoff & Partner AG, Steuerberatungsgesellschaft für Zahnärzte
Abb. 4: Und hier ein langes Gesicht
Quelle: PraxisNavigation®, Prof. Dr. Bischoff & Partner AG, Steuerberatungsgesellschaft für Zahnärzte
Dieses Modell eignet sich nicht für jede Praxis. Aber bei Dr. Spange hatte es durchschlagen-den Erfolg. Die Mitarbeitenden achten selbst darauf, dass sie und Ihre Kolleginnen ihre Aufgaben möglichst schnell und produktiv lösen. Damit verbessern sie nachhaltig den Erfolg der Praxis.
Mit der Anstellung einer neuen Kollegin oder eines neuen Kollegen gibt es weitere Herausforderungen. Ob ein zusätzlicher angestellter Behandler zumindest erwirtschaftet, was er an Mehrkosten verursacht, lässt sich in der Theorie leicht berechnen, aber buchstäblich in der Praxis nur schwer überprüfen. Denn die Honorare lassen sich in den meisten KFO-Praxen nicht einzelnen Behandlern zuordnen.
Ein Beispiel für eine so genannte Erweiterungsinvestition ist die Anschaffung eines Digitalen Volumentomografen (DVT). Experten sehen in dieser Technik neben der 3-D-Bildgebung eine Reihe von Verbesserungen für die kieferorthopädische Diagnostik.
Die Investitionssumme für einen solchen großvolumigen DVT liegt meist im sechsstelligen Bereich. Hier stellt sich zunächst die Frage, wie viele DVT-Aufnahmen erforderlich sind, um die Kosten des Gerätes und der Wartung zu decken.
Dies lässt sich noch einfach berechnen. Beträgt z. B. die monatliche Leasingrate des Gerätes 1.850 Euro und die Kosten für Wartung, Strom etc. 250 Euro pro Monat, so sind bei Honoraren pro DVT-Aufnahme von je 150 Euro 14 Aufnahmen zur Deckung
dieser Kosten notwendig.
Hier ist aber noch nicht berücksichtigt, ob die Untersuchung mit der neuen Technik auf Dauer mehr oder weniger Zeit erfordert und über die Kosten der Aufnahmen hinaus liquidiert werden kann. Auch ist nicht berücksichtigt, ob und wenn ja, welche zusätzlichen IT-Kosten das größere Speichervolumen der DVT-Aufnahmen bedingt und ob die neue Technik zusätzliche Patienten in die Praxis führen wird. Eine solche Investition macht also nicht nur die Analyse im Vorfeld, sondern auch die Überwachung im Nachgang notwendig.
Zusätzliche Praxisstandorte bieten die Chance zur Expansion, die besonders häufig von hoch spezialisierten Praxen genutzt wird. Wegen ihres speziellen Know-hows bauen sie auch an anderen Standorten relativ leicht neue Patientengruppen auf. Aber: Mit der Eröffnung eines zweiten Standortes erhöhen sich natürlich auch die monatlichen Kosten der Praxis insgesamt. Dieser Schritt lohnt sich nur, wenn die neue Niederlassung auf Dauer deutlich mehr Praxiseinnahmen erwirtschaftet als sie an Kosten verursacht.
Pendelt der Praxisinhaber anfangs zwischen dem alten und neuen Standort hin und her, um den Aufbau selbst mitzubegleiten, muss er darauf achten, dass die Wirtschaftlichkeit seines ersten Standortes mangels Präsenz nicht leidet. Kontraproduktiv wäre, wenn durch den neuen Standort nur höhere Kosten, aber kaum mehr Einnahmen und jede Menge zusätzliche Arbeitsbelastung entstünden. Wird dieser zweite Standort neu gegründet und nicht übernommen, so ist – wie bei der Gründung einer KFO-Praxis – eine lange Anlaufzeit einzuplanen, die zunächst den Gesamtgewinn negativ beeinflusst. Denn selbst bei intensiven Patienten-Neugewinnungsaktivitäten dauert es auch bei gutem Verlauf erfahrungsgemäß mindestens zwei Jahre, bis der neue Standort über so viele laufende Fälle verfügt, dass kostendeckend gearbeitet wird.
Ertragswachstum in der KFO-Praxis hat verschiedene Gesichter. Eine einseitige Fokussierung auf die Kostenoptimierung ohne Berücksichtigung der Patientengewinnung birgt genauso Risiken wie Wachstum über mehr Personal, neue Technik oder zusätzliche Standorte. Jede Strategie birgt andere Herausforderungen. Ohne eine realistische Einschätzung des Patientenpotenzials geht es nicht.
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