Hochwasserschäden

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Wie sind Aufräumkosten und Entschädigungen steuerlich zu behandeln?

Zahnarztpraxen und Unternehmen, die im Sommer 2021 vom Hochwasser betroffen waren, haben bis heute mit existenziellen Problemen zu kämpfen. Für viele Betroffene stellen sich Fragen, ob und wie sich Kosten für die Beseitigung von Schäden, den Neubau von Gebäuden und der Anschaffung neuer Geräte steuerlich auswirken und wie Entschädigungsleistungen zu handhaben sind.

Aufwendungen für die Beseitigung von Hochwasserschäden

Grundsätzlich können die Kosten der Beseitigung von Hochwasserschäden und des Wiederaufbaus, wie zum Beispiel die Entsorgung zerstörter Einrichtung oder das Verlegen neuer Böden und Verputzen von Wänden, sofort als Betriebsausgaben in Abzug gebracht werden. Auch die Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an Grund und Boden, wie zum Beispiel die Erneuerung einer Hofpflasterung, fallen darunter.

Müssen Gebäude wieder ganz oder teilweise aufgebaut werden, so kann dies einen sog. Erhaltungsaufwand darstellen, der sofort als Betriebsausgabe in Abzug gebracht oder auf Antrag gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden kann.

Kosten für die Errichtung neuer Gebäude oder Anschaffung von Geräten

Wenn das Unternehmens- oder Praxisgebäude neu errichtet oder baulich verändert werden muss, handelt es sich nicht um Erhaltungsaufwendungen, sondern um Herstellungskosten. Hier kommen dann Sonderabschreibungen für den Wiederaufbau von bis zu 30 % in Betracht.

Wurden Einrichtungsgegenstände und Geräte durch das Hochwasser so beschädigt, dass sie ersetzt werden mussten, sind Sonderabschreibungen von bis zu 50 % möglich.

Der Begünstigungszeitraum für Sonderabschreibungen umfasst das Jahr der Herstellung und Anschaffung sowie die beiden folgenden Wirtschaftsjahre. Nach Ablauf dieses Zeitraums ist die Absetzung für Abnutzung (AfA) nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer von hergestellten Gebäuden oder angeschafften Geräten und anderen Praxiseinrichtungsgegenständen zu bemessen.

Um Sonderabschreibungen aufgrund des diesjährigen (2021) Hochwassers geltend machen zu können, muss bis Ende 2024 mit der Ersatzherstellung begonnen oder Ersatz beschafft worden sein.

Entschädigungen aus Ausfallversicherungen

Wurde aus einer Ausfallversicherung eine Entschädigung gezahlt, so wird die Summe zum Zeitpunkt des Zuflusses in vollem Umfang als Betriebseinnahme erfasst. Dieser stehen jedoch die derzeit noch laufenden Betriebsausgaben (Fixkosten), wie z. B. Personalkosten, Miete, etc. gegenüber. Diese kompensieren in den meisten Fällen die erhaltene Entschädigungszahlung und habe eine neutralisierende Gewinnauswirkung. Im Ergebnis reduziert die Entschädigung den ansonsten angefallenen Verlust der Praxis auch steuerlich.

Sonderregelung Anlagevermögen

Wurde Anlagevermögen zerstört, so ist das Anlagevermögen grundsätzlich mit dem Restbuchwert gewinnmindernd auszubuchen. Entschädigungen stehen diesen Ausbuchungen wie ein Verkaufspreis gegenüber. Ist die Entschädigung höher als der Restbuchwert, so erhöht der übersteigende Wert (= sog. „stille Reserven“) das Ergebnis der Praxis bzw. des Unternehmens. 

Was genau darunter zu verstehen ist, veranschaulichen die beiden nachfolgenden Beispiele anhand eines Falls aus einer Zahnarztpraxis:

Beispiel 1 

Die M1 von Dr. Dent steht nur noch mit 1 € Restbuchwert im Anlageverzeichnis. Der Wert beträgt aber 3.000 €. Somit liegen stillen Reserven i. H. v. 2.999 € vor. Erhält der Zahnarzt für die M1 nun eine Entschädigung von 3.000 €, so müsste er normalerweise von der Entschädigung bis zu 1.400 € an Einkommensteuer an das Finanzamt abführen. Würde er 3.000 € für die Anschaffung einer gebrauchten Ersatz-M1 ausgeben, so müsste er also 1.400 € zusätzlich an Geld aufbringen.

Um diese steuerliche Ungerechtigkeit bei Opfern von Katastrophenereignissen zu vermeiden, können die so aufgedeckten stillen Reserven bis zum 31.12.2021 durch eine Rücklage für Ersatzbeschaffung gem. R 6.6 EStR neutralisiert werden. Schafft Dr. Dent bis Ende 2022 ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut an, so kann er die stillen Reserven auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen, indem die Anschaffungskosten um die Rücklage gemindert werden.

Beispiel 2

Würde Dr. Dent eine neue Behandlungseinheit für 40.000 € kaufen, so könnte er die 40.000 € Anschaffungskosten sofort um die stillen Reserven der M1 (2.999 €) mindern. Diese werden auf das neue Wirtschaftsgut übertragen und müssen nicht als Gewinn versteuert werden. Im Gegenzug kann er aber später auch nur 37.001 € und nicht 40.000 € abschreiben. Schafft er aber bis Ende 2022 kein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut an, so ist die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen.

Handelt es sich bei dem Anlagevermögen um Gebäude oder Grund und Boden, so bleibt mehr Zeit zur Auflösung der Rücklage. Bei Gebäuden 6 Jahre, bei Grund und Boden 4 Jahre.

Die Höhe einer möglichen Rücklage ist grundsätzlich begrenzt, mit Zustimmung des Bundesfinanzministeriums können aber auch für höhere Beträge Rücklagen gebildet werden. Hier empfiehlt sich eine Abstimmung mit den Finanzbehörden.

Materialschäden steuerneutral

Wurde bei der Überschwemmung Material zerstört, so wirkt sich dieser Vorgang bei Gewerbetreibenden und Zahnärzten mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht gewinnmindernd aus, denn bereits der Einkauf des Materials wurde steuermindernd als Ausgabe erfasst.

Beispiel

Erhält Dr. Dent von seiner Versicherung für zerstörtes Material eine Entschädigung, so handelt es sich dabei um eine zu versteuernde Praxiseinnahme. Verwendet er anschließend diese Entschädigung für den Kauf von Material, so mindert dieser Materialeinkauf als Praxisausgabe seinen Gewinn. Per Saldo ist dieser Vorgang also für Dr. Dent steuerneutral.

Spenden

Geldzuflüsse an Betroffene aus Spenden sind bei diesen wie Entschädigungen von Versicherungen zu behandeln, d.h. als Einnahmen zu erfassen und den laufenden Kosten gegenüberzustellen. Im Ergebnis reduziert die Entschädigung den ansonsten angefallenen Verlust.

Beim Spender sind sie im Rahmen der Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigungsfähig. Bei Zuwendungen, die bis 31. Oktober 2021 als Hilfe für den Katastrophenfall geleistet wurden, ist laut Katastrophenerlass keine explizite Zuwendungsbestätigung erforderlich. Als Nachweise werden auch Bareinzahlungsbelege, Kontoauszüge oder ähnliche Buchungsbestätigungen eines Kreditinstitutes akzeptiert, sofern die Zahlung ein eingerichtetes Sonderkonto erfolgt. Die Nachweise sind sicher aufzubewahren und auf Nachfrage der zuständigen Finanzbehörde vorzulegen.

Entlastung bei der Grundsteuer

Hat ein Grundstückseigentümer als Folge des Hochwassers eine wesentliche Ertragsminderung, so kann im Einzelfall die Grundsteuer erlassen werden (§ 33 GrStG), wenn ein Antrag bei der zuständigen Gemeinde eingereicht wird.

Wichtig: Antragsfrist beachten (vgl. § 34 Abs. 2 GrStG).

Verlust von Buchführungsunterlagen

Wurden durch das Hochwasser die Buchführungsunterlagen vernichtet, so dürfen daraus steuerlich keine Nachteile erwachsen.

Der Verlust der Unterlagen muss zeitnah dokumentiert werden, damit er nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden kann.

Angesichts der Vielzahl der Regelungen unterstützen wir Sie gerne bei Ihren steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe.

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