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Veröffentlicht
21.08.2025
Lesedauer
4 Minuten
 
 

Umsatzsteuer in der Zahnarztpraxis

Praxisrelevante Regelungen im Überblick

Nahezu jeder Zahnarzt und jede Zahnärztin muss sich nicht nur mit der Leistungsabrechnung an sich, sondern auch mit Fragen zur umsatzsteuerlichen Behandlung dieser Leistungen befassen. Denn je nach Art der Leistung kommen drei verschiedene Varianten in Betracht: Steuerfreiheit, ermäßigter Steuersatz von 7 % oder der Regelsteuersatz von 19 %. Wer die Unterschiede kennt, vermeidet Fehler bei der Abrechnung und unangenehme Nachforderungen durch das Finanzamt. 

Praxisorganisation und -steuerung
Steuern
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Steuerfreie Heilbehandlungen

Grundsätzlich sind zahnärztliche Heilbehandlungen steuerfrei. Dazu zählen Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Solange eine Zahnarztpraxis ausschließlich solche Leistungen erbringt, muss keine Umsatzsteuer abgeführt werden. Damit die professionelle Zahnreinigung steuerfrei bleibt, muss der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin allerdings die medizinische Indikation vorher feststellen. 

Ein Beispiel: Ein Zahnarzt, der ausschließlich Behandlungen wie professionelle Zahnreinigung, Füllungen oder Parodontose-Therapie durchführt und weder ein eigenes Labor betreibt noch Zahnpflegeprodukte verkauft, erzielt ausschließlich umsatzsteuerbefreite Honorare. 

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7 % Umsatzsteuer bei Eigenlabor

Sobald ein Zahnarzt oder eine Zahnärztin ein eigenes Labor betreibt und dort Prothesen, Kronen, Brücken oder andere prothetische Leistungen fertigt, fällt Umsatzsteuer an – allerdings zum ermäßigten Satz von 7 %. Dazu zählen unter anderem: 

  • Brücken, Kronen und individuelle Provisorien 
  • Gebisse und Stiftzähne 
  • Modelle, Bissschablonen und Funktionslöffel 
  • Keramik-Inlays und Veneers (z. B. mit Cerec-Verfahren) 
  • indirekte Unterfütterungen von Prothesen 

Beispiel: Stellt eine Zahnärztin in ihrem Eigenlabor Kronen her, sind die daraus erzielten Umsätze mit 7 % Umsatzsteuer zu belegen. Auch vorbereitende zahntechnische Arbeiten für eine Fremdherstellung können steuerpflichtig sein, allerdings lediglich der auf die Praxis entfallende Leistungsanteil. 

Hinweis: Bei einer Betriebsprüfung verlangen die Finanzämter mit Blick auf die Cerec-Nutzung für umsatzsteuerliche Zwecke eine klare Dokumentation, um z. B. die Nutzung zu medizinischen und diagnostischen Zwecken von der prothetischen Keramikherstellung abgrenzen zu können. 

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Materialbeistellung an Fremdlabore

Überlässt eine Zahnarztpraxis Materialien wie Gold oder Keramik einem externen Labor, wird dies steuerlich oft wie eine eigene Herstellung gewertet. Das bedeutet: Auch hier kann Umsatzsteuer fällig werden. Ausnahmen gelten für notwendige Vor- und Nacharbeiten, die ein Zahnarzt zwingend selbst erbringen muss (und die nicht im Wettbewerb zu einem Zahntechniker stehen). Diese bleiben umsatzsteuerfrei. 

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19 % Umsatzsteuer für nicht medizinische Leistungen

Neben Heilbehandlungen und Eigenlaborumsätzen gibt es eine dritte Kategorie: Leistungen ohne medizinische Notwendigkeit. In der Praxissoftware sollten kosmetische Leistungen (19 %) und medizinisch indizierte Behandlungen (umsatzsteuerfrei) mit unterschiedlichen Abrechnungsziffern dokumentiert werden, um diese klarer abzugrenzen. Zu den Tätigkeiten mit einem Regelsteuersatz von 19 % gehören: 

  • Bleaching und Zahnaufhellungen aus kosmetischen Gründen 
  • Verkauf von Zahnpflegeprodukten in der Praxis 
  • Gutachten ohne therapeutischen Zweck 
  • Fachvorträge oder Publikationen, die vergütet werden 
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Die Kleinunternehmerregelung ab 2025

Wichtig zu wissen für kleinere Praxen mit Labor: Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 wurde die Kleinunternehmerregelung reformiert und Umsatzgrenzen angehoben: 

Im Vorjahr dürfen maximal 25.000 € netto an umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen erzielt worden sein. Im laufenden Jahr gilt eine Grenze von 100.000 € netto. Überschreitet der Umsatz im laufenden Jahr den oberen Grenzwert von 100.000 €, gilt die Regelbesteuerung ab diesem Zeitpunkt. 

Wichtig: Für die Berechnung dieser Grenze sind nur Umsätze maßgeblich, die eigentlich der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, so z. B. prothetischen Eigenlaborleistungen, ästhetische Leistungen sowie auch Gutachten. Steuerfreie Heilbehandlungen bleiben außen vor. 

Gerade kleinere Zahnarztpraxen mit Eigenlabor profitieren von der Anhebung der Umsatzgrenzen. Bei Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung dürfen die Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen, da die Umsätze aufgrund der Kleinunternehmerregelung als steuerfrei gelten, und sollten einen klarstellenden Zusatz enthalten, wie z. B. „Umsatzsteuerbefreiter Kleinunternehmer nach § 19 UStG“. 

Vorteile für die Praxis: 

  • Keine gesonderte Ausweisung von Umsatzsteuer in Rechnungen 
  • Vereinfachte Buchführung 
  • Keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder Jahreserklärungen 
  • Mehr Flexibilität in der Gründungsphase oder bei kleineren Laboren 

Aber Vorsicht: Wer sich für die Kleinunternehmerregelung entscheidet, kann keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Dies kann sich bei größeren Investitionen in Laborgeräte oder Materialien negativ auswirken. Deshalb ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls immer abzuwägen, ob die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung für Ihre Praxis vorteilhaft ist oder ein Verzicht darauf sinnvoll sein kann. 

6

Fazit

Die Umsatzsteuer spielt in Zahnarztpraxen eine zentrale Rolle, besonders im Bereich der Laborleistungen. Während klassische Heilbehandlungen umsatzsteuerfrei sind, unterliegen Eigenlaborleistungen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % und rein kosmetische Leistungen dem regulären Satz von 19 %. Durch die Reform der Kleinunternehmerregelung ab 2025 erhalten Zahnärzte mehr Flexibilität bei der Wahl der Besteuerungsform. Es sollte jedoch sorgfältig geprüft werden, ob die Steuerbefreiung oder die Regelbesteuerung im Einzelfall wirtschaftlich günstiger ist, insbesondere angesichts der individuellen Umsatzstruktur und geplanter Investitionen. 

Verfasst von

Julia Kekule
Steuerberaterin / Dipl.-Finanzwirtin (FH)

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